Enorme Ungleichheiten, Klimakatastrophe, schleichende Faschisierung, unumschränkte polizeiliche Kontrolle - das Spektakel des Kapitalismus ist eine riesige Obszönität, die den politischen Vorstellungshorizont zunehmend beschränkt. Dass unter solchen Umständen der Gedanke aufkommt, man solle keine Hoffnungen in die vom Kapitalismus kolonisierten Staatsorgane setzen, ist leicht nachvollziehbar. Doch was ist die Alternative? Wie können wir uns eine Welt vorstellen, die nicht mehr von Institutionen, Bürokratie, Polizei, Lohnarbeit und dem Diktat des Geldes beherrscht wird? Wie lässt sich ein Leben denken - und leben - jenseits von Hierarchie und Herrschaft?
In seinem leidenschaftlichen Gespräch mit Félix Boggio Éwanjé-Épée begibt sich der französische Soziologe und Ökonom Frédéric Lordon mitten hinein in die von existenziellen Katastrophen geplagte Gegenwart und zeichnet so mit Schärfe, Witz und intellektueller Brillanz, dabei politische Theorie mit der spinozistischen Idee des Anderswerdens verknüpfend, die Konturen eines Denkens, das nicht resigniert, sondern Mut macht - Mut dazu, sich die eigene Vorstellungskraft zurückzuerobern.