In diesen modernen, sinnlichen Erzählungen begegnen sich Menschen auf leisen Sohlen - durch Blicke, Gesten, Nähe. Mia Graf schreibt mit einer intimen, weiblichen Stimme über die Kunst des Verlangens, das in der Stille wächst. Ihre Geschichten sind voller feiner Spannung, zarter Körperlichkeit und psychologischer Tiefe - weit entfernt von Klischees, getragen von Gefühl, Intelligenz und leiser Erotik.
In der Titelgeschichte Lehrerin Sarah zieht eine geheimnisvolle Bildhauerin die Ich-Erzählerin in ihren Bann - nicht durch Worte, sondern durch Hände, die mit weißem Staub bedeckt sind, durch Skulpturen aus Marmor und Ton, durch das Schweigen, das Raum lässt für Sehnsucht. Eine Annäherung beginnt - tastend, verlangend, geduldig. Sarah lehrt mehr als Form und Technik. Sie lehrt das Warten. Das Sehen. Das Erinnern mit der Haut.
Ich sehe sie vor mir, wie sie sich an den Türrahmen lehnt, das Skulpturenmesser in der Hand, der Blick auf mir ruhend. Der Staub an ihren Fingern glitzert im Licht, als wäre er etwas Heiliges. Ich setze mich auf ihre Treppenstufe und spüre: Ich bin nicht zum ersten Mal hier. Ihre Hände streifen über kalten Marmor, und es ist, als ob sie durch Stein hindurch eine alte Geschichte berührt. Eine, die unter der Oberfläche schläft, bereit, geweckt zu werden.
Manchmal braucht es keine lauten Worte - nur ein Blick, eine Berührung, einen Engel mit Flügeln aus Staub.