Im Rahmen gegenwärtiger kultureller wie politischer Diskurse wird ersichtlich, dass in diesen immer wieder von dem ¿Eigenem¿ und dem ¿Anderen¿ die Rede ist. Sei es, dass entweder im Kontext eines nationalen Diskussionsrahmens dessen ¿Tugenden¿ skizziert werden, die es gegenüber denen der ¿Anderen¿ hervorzuheben oder zu verteidigen gilt; sei es der Verweis auf eine supranationale, auf gemeinsamen Werten oder einem gemeinsamen historischen Fundament basierende Gemeinschaft, die herbei konstruiert wird, um moralisches oder politisches Verhalten zu kritisieren oder zu rechtfertigen. Die Sprache vom ¿Eigenen¿ und vom ¿Anderen¿ ist dabei immer präsent. Dass dieses Prinzip der Identitätskonstruktion nichts "Neues" zu sein scheint, offenbart ein Blick in die Vergangenheit. Besonders das Konstrukt des ¿Orients¿ bildete wiederholt den Gegenstandsbereich vieler literarischer Reiseberichte und wissenschaftlicher Publikationen, die oft eine Faszination, aber auch dessen politische und kulturelle Instrumentalisierung zur Folge hatte. Da in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Interesse am ¿Orient¿ in 'Europa' erneut aufflammte, wird in dem folgenden Werk versucht, die verschiedenen Orientbilder dieser Zeit sowie deren jeweilige Funktionen, Intentionen und Ursachen zu rekonstruieren, um herauszufinden, ob einheitliche Grundmuster bzw. Strukturen erkennbar sind.