Nadabrahma - die Welt ist Klang, lautet der Name einer der ersten Meditationen, zu der die westliche Massenkultur über die Figur des Bhagwan Shree Rajneesh Zugang fand. Die Nadabrahma-Meditation besteht aus drei Teilen: einem meditativen Summton, der ein inneres Vibrieren im Meditierenden erzeugt, einer Armbewegung, bei der Energie zugleich aufgenommen und abgegeben wird, und, zuletzt, aus dem Entspannen in der Rückenlage. Dass nicht nur die Welt, dass auch in ihr viele weitere Welten auf phantastische Art aus Klang entstehen, stellt das gelesene Triptychon des Romanwerks von Christian Kracht unter Beweis.Die drei Romane "Faserland", "1979" und "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" entziehen sich seit Anbeginn dem sofortigen Verständnis. Nun ist es um Dinge, die man nicht versteht, in der Regel so bestellt, dass man sie sofort wieder vergisst. Bei Krachts dreigliedrigem Werk ist das Gegenteil der Fall, hinterlässt es doch einen gewaltigen Nachhall: Den Liebenden singt es in einen traumlosen Schlaf, den Ängstlichen erinnert es an die Zerbrechlichkeit seines Hauses. Dies offenbart sich jäh, wenn man die Texte hört: Als Soirée, in den Körpern von Dirk von Lowtzow, Schorsch Kamerun und Dieter Meier zu Klang geworden, verschalten sich drei Fragmente zu einem einzigartigen Summen, das den Weltraum füllt - als Pulsare, die aus degenerierter Materie strömen und unberechenbare harmonikalische Verhältnisse schaffen.Ist es ein Zufall, dass der Nabel die Höhe eines Menschen in den Verhältnissen des Goldenen Schnittes teilt? Osho liebte es, Fragen und Geschichten über den Klang des Vollkommenen auf Bänder zu sprechen, die unter seinen Jüngern weitergegeben wurden. Darin erzählt er von einem Ton, der so mächtig ist, dass die Fische aus dem Wasser springen und die Reihenfolge der Jahreszeiten sich verändert. Wer den Kontakt mit diesem Ton, mit dem Fiepen dieser Wirklichkeit verloren hat, wird die Sprache nur noch nach Gutdu nken benutzen. Wer aber ein Sensorium hat für jeden Halm, der sich bewegt, wer das Schweigen ertragen kann wie den Tonus, für den wird der Lichtschrei, mit dem die singende Sonne die Welt erschuf, zu einer Melodie, gespielt von den Apsaras von Angkor Wat. Und kein Leben ist geräuschloser als das einer Rose.Ingo Mocek