Amalie Skram (1846-1905) hat als eine der ersten Autorinnen Skandinaviens in ihren Romanen, die alle auf ihrer Biografie basieren, moderne Frauenfiguren geschaffen. Sie erstarren nicht in den gesellschaftlichen Konventionen, sondern stemmen sich gegen die Missstände und die Unterdru¿ckung durch die männlich geprägten und bestimmten Verhältnisse.
»Professor Hieronimus« erzählt die Geschichte der Malerin Else Kant, die sich nach einem Zusammenbruch in die psychiatrische Klinik von Professor Hieronimus begibt, um wieder zu Kräften zu kommen. Dort jedoch darf sie plötzlich keine eigenen Entscheidungen mehr treffen, muss sich den Regeln und dem Alltag in der Klinik fu¿gen. Und auch die Entscheidung, wann sie wieder in ihr fru¿heres Leben zuru¿ckkehren kann, liegt plötzlich nicht mehr in ihrer Hand. Else ist jedoch fest entschlossen, um ihre Selbstbestimmtheit zu kämpfen und ihre Wu¿rde zu bewahren. Dafu¿r gibt sie fast alles auf, was ihr lieb erschien.
Amalie Skram schildert Else Kants existenziellen Kampf klar und schnörkellos und mit gespannten Nerven. Der Roman ist durchdrungen von leisem Humor und feinsten psychologischen Beschreibungen, vor allem aber von einer unbändigen Entschlossenheit, die 1894, als »Professor Hieronimus« erstmals erschien, keineswegs selbstverständlich war - und es bis heute nicht ist. Die kraftvolle, starke Protagonistin lehrt den Leser und die Leserin, sich nicht zaudernd in Unterdru¿ckung und Ungerechtigkeit zu ergeben, sondern mit allem, was ihnen zur Verfu¿gung steht, ihre Stimme zu erheben und ein ungebrochenes Ru¿ckgrat zu bewahren.